Freitag, November 10, 2006

future architects

future architects hermann van veen oder die roten socken des surflehrers

komische, große woche!

verschlafen trippelt ein fräulein montag früh in ein meeting ohne betreff. nun, im speziellen fall haben die meetingräume keine fenster und so sind montag früh termine eher zum weiterschlafen gedacht als dich frisch aufzuwecken. doch diesmal ist es anders. ganz anders. alles ganz, ganz anders. als ich fortschreiten möchte die klappe zu tagtraum 2, sequenz 1 fallen zu lassen, höre ich laut und deutlich große worte, die sich in mein drehbuch einschleichen wollen. der vorhang erhebt sich und der chef kommt gleich zu zweit. so ein theater schon am frühen morgen.

der chef ist merklich frisch, fröhlich und sowas von ausgeschlafen. spricht über neue zeiten die sich zukunft nennen. jedenfalls macht er die 12 jungen menschen im raum sofort einmal zu future architects und schickt sie auf große expeditionsreise. beförderung und titelvergabe am frühen morgen. wichtig und dringend und höchste eisenbahn sei es. eine organisation möchte wissen, wie ihre zukunft aussehen wird und so haben sie sich gedacht, 12 junge menschen bauen die einfach mal schnell für sie. wie das aussehen soll? na, eine expedition eben. keiner weiss das so genau. eigentlich weiss keiner irgendwas aber so ist das eben bei großen erfindern. um zu verdeutlichen, dass hier plötzlich alles ganz anders ist als sonst, präsentiert der chef² zwei eingeflogene beratermenschen. geh bitte! aber dann..

..dann betreten die bühne ein liebevoller, sanfter hermann van veen typ und ein surflehrer marke uc santa cruz. beide werden etwas unsicher vom chef² als die superstars unter den expeditionsleitern in unserer hemisphäre angepriesen. selbst dem normalerweise nicht ohne 3 beraterfreds am gang springenden controller neben mir bleibt die frage "mckinsey oder cap gemini" im hals stecken. die roten socken des surflehrers vernichten den ursprung der frage bereits im keim.

nachdem jetzt sogar der letzte fred im raum irgendwie erwacht ist und sich fragt, ob, wo und warum der chef über das wochenende völlig durchgezuckt ist und vorallem wann das gewitter sich verziehen wird, versuche ich den tumult für mich einzuordnen. die anmod hab ich verschlafen aber vielleicht gibt der zweite akt ja was her. und sowas von entschlossen, aber hallo, sowas von wirklich entschlossen hab ich chef² noch gar niemals erlebt.

und der zweite akt gibt aber sowas von einem schauspiel preis. chef² verlässt den raum und lässt uns mit den herrn beratern zu koalitionsverhandlungen zurück. die ersten oppositionellen haben sich bereits nonverbal verständigt. ich bin parteilos und werde immer mehr zur wilden abgeordneten. bevor es erste wortmeldungen gibt, ruft der surflehrer mal eine große pause aus. uc santa curz - hab ich es doch gewusst.

nach der großen pause soll die welt nicht mehr so sein, wie sie es einmal war. es gibt einen ganz, ganz ernst gemeinten auftrag. die zukunft der organisation möchte erdacht, erträumt und erfunden werden. und das durch ein einzelprojekt jedes einzelnen der auserwählten im zeitraum eines jahres. das projektmeisterstück muss 100%igen innovationsgehalt in sich tragen und wirklich bewegen. es muss in der lage sein, eine organistion zu bewegen. regeln? regeln sind abgeschafft und gibt es keine. uc santa cruz eben! als expeditionsteilnehmer ist man von seiner normalen funktion in der organisation entbunden, darf alles und bekommt sämtliche mittel, um das jeweilige ziel zu erreichen. zahltag ist nach abgabe der projekte. hermann van veen erklärt geduldig dem nach luft schnappenden controller neben mir die spielregeln. brauchst du ganz wenig kohle und machst ein super projekt = super! brauchst du ganz viel kohle und machst ein super innovationsprojekt und die wirkung stimmt = you are safe, honey! brauchst du wenig oder viel kohle und nix schaut dabei raus = ganz schlecht.

ich weigere mich eindrucksvoll ein innovationsprojekt zu starten ohne den freibrief scheitern zu können in der tasche zu haben, weil vielleicht gerade das scheitern part of the deal sein muss, um organisationen zu bewegen. hermann van veen lächelt mich entspannt an, erklärt mich für wortumdrehend genug, selbst ein scheitern als erfolg zu verbuchen. kennen wir uns? der surflehrer daneben grinst überlegen und findet scheitern keine passende option für mich.

so, und dann fahren alle auf´s land und versuchen ein projekt zu finden. ich drehe jeden stein im langenloiser weingarten um und frage mich, ob darunter vielleicht etwas zu finden wäre was ich brauchen könnte, um zukunft lustvoll und aktiv zu gestalten. ich brauche ganz dringend lust darauf. und mut und freude und vorfreude auf die zukunft und ausserdem muss ich dringend mit einem architekten sprechen um zu erfahren, was architekten denn so machen. ich leg mich einfach mal in den weingarten und schau den wolken zu. die IT und finanzer im boot schreiben schon heftigste charts und projektpläne und so. wenn die auf startschuss ein innovationsprojekt schreiben können, warum bitte haben die das dann nicht bereits längst gemacht? komisch.

viele haben massive startprobleme, weil es kein programm gibt. keine regeln eben. kein seminar. keine flips, keine agenda, keine einführungsworte, keinen beamer, kein .xls, keine ppt´s irgendwie gar nix. was das für ein seminar sein soll, wundert sich die personalistin seit stunden. hermann van veen und der surflehrer scheinen die letzten jahre in indien verbracht zu haben, weil die sowas von ruhig und gelassen sind. die gruppe reagiert erst einmal mit merklicher unruhe, aber die herren bringt auch das nicht aus der ruhe - die haben soviel davon und stecken erstmals alle freiwilligen damit an.

bei der erstpräsentation der entwürfe am nächsten morgen zeigt sich, dass die beiden sanften herren berater in der nacht zu wölfen mutiert sind und zerfetzen erstmals alles in der luft. kandidat 3 fressen sie mit haut und haar. langsam kommt mir das hier wie im kutscherhof vor.

700 längen des schwimmtrainings später erkenne ich, was zu erkennen ist. ich werd nicht drum herum kommen mich manchem zu stellen. und genau das ist es, was chef² mich erkennen lassen möchte. bevor ich hier irgendwas entwickle, um die kommunikation ehrlicher, echter und authentischer werden zu lassen, muss ich das für mich selbst klären. mutiger muss ich werden dazu. viel, viel mutiger. mir meinen raum nehmen. und diesen dann auch ausfüllen. grenzen aufzeigen. die schonbezüge von den ecken und kanten verschrotten. anecken.

der surflehrer sitzt plötzlich neben mir im weingarten. hab ihn gar nicht bemerkt. erschreckt mich ein wenig. sagt, er wäre sowas wie meine persönlich jeanny in bottle für das nächste jahr. ruf ich ihn, ist er auf der stelle zur stelle. will ich ihn nicht sehen, ist er auch nicht präsent. fragen stellt er nur, wenn ich ihn darum bitte. antworten gibt er mir gerne, aber keine ob das richtig oder falsch ist was ich mache. eine pokerrunde später merke ich, er kann meine karten lesen bevor ich sie aufgedeckt habe. er hingegen scheint immer die passenden in der hand zu halten. mutiger möcht ich werden, sag ich ihm. gut so, sagt er und schaut irgendwie aus als könnte er in den wolken das perfekte wellenset sehen.

und bevor ich weiss wie mir passiert, denk ich über 100 ganz private dinge nach. und was ich eigentlich möchte und was nicht. und was mir gut tut und was vielleicht nicht so. und was ich loslassen muss um platz für neues zu machen. und warum ich eigentlich frisch und munter sein möchte und dabei entwickle ich eine unbändige lust an der zukunft und diese zu gestalten.

und dann muss ich gehen. und richtung flughafen rasen. eine frau geht heute auf weltreise. stellt sich aktiv ihrer zukunft. und ich erkenne nach dieser woche, wie mutig sie ist. und wie schön sie das macht und rase zum flughafen